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Nach dem ersten Thüringer und bundesweit letztem Kulturwirtschaftsbericht, Wahlversprechen und zahlreichen Diskussionsrunden zwischen Politikern und Kreativen ist es Zeit, Licht und Lupe auf ein aktuelles Projekt zur Unterstützung von Kunst- und Kulturschaffenden in der Region zu richten – die Kreativetage am Weimarer Goetheplatz.

Die Produktdesigner von Rugwind sind die Neuen und beziehen den größten Arbeitsraum mit 30 qm. Sie wollen „im Netzwerk bleiben“, so Diplomdesignerin Henriette Gruber beim Malern. Gemeinsam mit ihren beiden Partnern entwickelt sie nachhaltiges Design. Dabei reicht die Palette von der Gestaltung von Stadtmöbeln über Ausstellungskonzepte, die über den Klimawandel aufklären, bis hin zu einem Softwarekonzept zur Bestimmung von Pflanzen auf dem Handy für Naturliebhaber und Stadtnomaden. Ihre Losung „Mitmenschlich, nachhaltig und erfinderisch!“ passt ebenso gut zu ihrem neuen Firmensitz.
Der kreative Ballungsraum bietet Unternehmen, Künstlern, Architekten, Filmschaffenden, Illustratoren, Verlagen, Grafik- und Produktdesignern kostengünstige Bürostandorte mitten im Zentrum Weimars. Und hierfür herrscht in Weimar dringender Bedarf!
In der Kreativetage wird der Netzwerkgedanke groß geschrieben. Die meisten Mieter kennen sich ohnehin über drei Ecken und haben nicht selten bereits gemeinsame Projekte realisiert. Dass nun die Existenzgründer für ihr Unternehmen die passenden Arbeitsräume und die kreative Klasse Weimars einen Ort gefunden hat, geht auf die Initiative des e-werk weimar e. V. zurück. Vereinsmitglied und Kulturarbeiterin Katja Schäfer wollte im vergangenem Bauhausjahr an Ort und Stelle ein Künstlerwohn- und Atelierprojekt starten, das einerseits Gäste während ihres Aufenthalts in der Kulturhauptstadt beherbergt und andererseits den Weimarer Kreativen Arbeitsraum bietet. Allerdings gab die Bauordnungsbehörde das Gebäude nur zu Arbeits- und nicht zu Wohnzwecken frei. Katja Schäfer entwickelte daraufhin das Konzept der Kreativetage. Diese Pläne stießen bei Till Hafner, Referent des Weimarer OB Stefan Wolf, auf offene Ohren. Schließlich gehört das Gebäude der Stadt und Hafner ist für Wirtschaftsförderung zuständig. Er sieht in dem Projekt Möglichkeiten, Unternehmerinnen und Unternehmern, die häufig direkt aus der Bauhaus-Universität in den Beruf starten, optimale Wachstumsbedingungen für ihre Vorhaben zu schaffen und das kreative Netzwerk zu stärken.
Das war im Herbst 2008. Es folgte die betriebswirtschaftliche Prüfung seitens der Verwaltung, Überzeugungsarbeit im Stadtrat und die Netzwerkarbeit seitens des Vereins. Im Oktober schließlich 2009 zogen die ersten Mieter ein und seit März 2010 ist auch der dritte Wachstumsschritt der Kreativetage vollzogen und alle freien Räume im Gebäude sind vergeben. Der Diplomkünstler Christoph Schaffarzyk, selbst Nutzer der „Zwischennutzungsagentur“, ist ständig als Ansprechpartner vor Ort, um zwischen Kommunalverwaltung und Nutzern zu vermitteln. Dass es ein Kulturschaffender ist, der sich um die Belange der Mieter kümmert, ist Hafner dabei besonders wichtig. Denn Niemand kennt die Belange der Mieter besser als Jemand, dessen Atelier in kreativer Nachbarschaft zu Rugwind und den anderen 23 Unternehmen, Klein- und Kleinstunternehmen liegt.

Das Wichtigste zum Schluss:
Miete 5,60 €/qm inkl. Nebenkosten und Internet
16 Räume mit 10 bis 30 qm und eine Teeküche
Kündigungsfrist: 2 Wochen
Tag der Offenen Tür am 16. April 2010, ab 13.00 Uhr

Mehr Informationen unter kreativetage.blogspot.com

Maxi Kretzschmar in hEFt für literatur, stadt und alltag, April 2010, Zeit für Übergangsjacken

Im Konflikt um neue Tarifverträge für Lehrer an den Mittelschulen und Gymnasien scheinen die Fronten verhärtet. Sachsens Regierung sah am Freitag keine Alternative zu einer Verlängerung der Teilzeitregelung für Pädagogen an Gymnasien und Mittelschulen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beharrte dagegen auf einer Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung ab 1. August dieses Jahres. Am Samstag wollen GEW und die Tarifkommission Schule in Leipzig über das weitere Vorgehen beraten. Am Montag stehen Gespräche im sächsischen Kultusministerium an. Parallel wollen vor dem Ministerium etwa 3000 Lehrer für ihre Belange demonstrieren.
Kultusminister Roland Wöller und Finanzminister Georg Unland (beide CDU) machten die Haltung der Regierung unmissverständlich deutlich. „Wir finanzieren mit Geld, das wir nicht haben, Stellen, die wir momentan nicht brauchen“, sagte Wöller. Wenn die bis zum 31. Juli geltende Teilzeitregelung nicht weiterlaufe, habe Sachsen über Nacht rund 2000 Lehrerstellen zu viel. „Das sind Stellen, die wir zur Unterrichtsabsicherung nicht brauchen.“ Bis zum Jahr 2014 würden sich die Kosten dafür auf bis zu 380 Millionen Euro summieren. „Wir brauchen die Solidarität der Lehrer, die im System sind, für eine begrenzte Zeit. Mir ist klar, dass wir einiges abverlangen.“
Wöller zufolge ist die Teilzeit eine notwendige Bedingung dafür, auch künftig junge Lehrer einzustellen. Der Altersdurchschnitt der Lehrerschaft liege schon heute bei jenseits der 50. Ziel der Sondierungsgespräche sei es, gemeinsam mit den Gewerkschaften in Verhandlungen über die Einstellung junger Lehrer zu kommen. Nach Aussagen Unlands wären ohne eine Lösung des Problems Änderungskündigungen die Folge. Dies wiederum würde nach Lage der Dinge wegen der Sozialauswahl vor allem junge Lehrer treffen. „Uns liegt überhaupt nichts an einer Konfrontation. Wir haben ein schwerwiegendes Problem für dieses Land zu lösen“, sagte Unland.
Der Sächsische Lehrerverband verwies darauf, dass die Zwangsteilzeit schon seit 1992 gilt. 18 Jahre lang hätten tausende Lehrer auf etwa 20 Prozent ihres Gehalts verzichtet. „Teilzeit- Lehrer zu sein, bedeutet jedoch in der Praxis, volle Arbeit für einen Teil des Gehalts zu leisten“, hieß es. Den Lehrern sei eine Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung zugesagt worden. Ähnlich argumentierte GEW- Chefin Sabine Gerold. Die Zeit des dramatischen Schülerrückganges sei vorbei und damit auch die Zeit der solidarischen Teilung von Arbeitsplätzen durch Verzicht. Der Lehrerberuf sei ein Vollzeitberuf. Dies müsse auch in Sachsen wieder Normalität werden.
Sachsen hatte das Problem zunächst auf freiwilliger Basis lösen wollen. Bei einer Befragung sprachen sich etwa die Hälfte der Lehrer für eine Teilzeit aus. Nach Berechnungen des Kultusministeriums bleiben dennoch 1000 nicht benötigte Lehrerstellen übrig. Für Unland ist das nur die Spitze des Eisberges. „Das ist nicht die einzige Baustelle für Sachsen. Wir sind in einem Transformationsprozess.“ In den kommenden zehn Jahren müsse sich Sachsen auf ein anderes Niveau einstellen. „Wir hoffen, möglichst viele mit ins Boot zu nehmen, um diesen Prozess gestalten zu können.“ (dpa)

LVZ, 26. März 2010

Klassenzusammenlegung, ausgesetzte Zensuren, wegfallende Förder- und Integrationsstunden, Parallelunterricht in unterschiedlichen Klassenstufen: Die aktuelle Situation an der Paul-Robeson-Grundschule im Leipziger Nordwesten ist dramatisch. Grund ist der durch Krankheit und andere objektive Umstände verursachte extreme Lehrermangel. Der Regionalstelle Leipzig der Sächsischen Bildungsagentur sind jedoch weitestgehend die Hände gebunden. Sie hat schlichtweg kaum noch Ersatz.
„Das ist doch sinnlose Beschäftigungstherapie, wenn teilweise eine dritte und ein vierte Klasse in zwei Räumen von einem Lehrer betreut werden“, sind Eltern mit den Zuständen in der Paul-Robeson-Grundschule unzufrieden. Und der Sportunterricht werde derzeit nur noch von nicht ausgebildeten Lehrern durchgeführt. „Hauptkritikpunkt ist aber, dass aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls von zwei Lehrerinnen die beiden ersten Klassen zusammengelegt wurden“, so die Eltern, die dagegen auch schon Unterschriften gesammelt haben. Für die Integrationsschüler fielen zudem die Förderstunden weg.
Roman Schulz, Sprecher der Bildungsagentur Leipzig, kennt das Problem: „Wir haben als Behörde eine bestimmte Stellenzuweisung, mit der wir regional die Schulen managen müssen.“ Im Grundschulbereich gebe es „praktisch keine Reserven“. Die Spielräume seien eng. „Wenn eine Einrichtung ein relativ kleines Kollegium hat, wie die Paul-Robeson-Grundschule, kann es bereits beim Ausfall von ein, zwei Lehrern eine extreme Situation geben.“ Man verfüge zwar grundsätzlich für Notfälle über ein Rettungssystem, das als ersten Schritt schulinterne Lösungen, dann die Einbeziehung von Lehrern benachbarter Grundschulen respektive als letzte Möglichkeit der Zugriff auf Lehrer anderer Schularten vorsieht, doch könne er den Ärger der Eltern bei Klassenzusammenlegungen oder abgeordneten Lehrern, die ständig wechseln, durchaus verstehen. Ähnliches habe es vor Weihnachten auch in der Zwenkauer Grundschule gegeben.
„Ziel ist es, nach den Osterferien alles abgesichert zu haben“, blickt der Mitarbeiter der Bildungsagentur voraus – wohl wissend, dass angesichts des offensichtlichen Lehrermangels im Freistaat gerade im Grundschulbereich, keine alle zufrieden stellenden Lösungen angeboten werden können. Konkret soll laut Schulz über Abordnungen von Lehrern „das Hauptgeschäft abgesichert“ werden. So bitter es auch sei, alles sei besser als Stundenausfall.
Ob die pädagogisch problematische Zusammenlegung der beiden ersten Klassen rückgängig gemacht werden kann, ist jedoch offen. Zunächst soll offenbar versucht werden, mit einem zeitgleich agierenden zweiten Lehrer in der 28 Schüler zählenden Ersten für eine Entspannung der Situation zu sorgen. „Wir sind nicht froh über den derzeitigen Status quo“, so Schulz. Doch sei es schwer, über befristete Anstellungen oder Jobs auf Honorarbasis entsprechendes Personal zu erhalten. (Martin Pelzl)

LVZ, 25. März 2010

Sowohl die Bundesregierung als auch das Thüringer Wirtschaftsministerium haben den Kulturbetrieb inzwischen als einen ökonomischen Wert entdeckt. Neue Berater sollen den freien Markt unterstützen. Der Start einschlägiger Initiativen verläuft aber sehr unterschiedlich.
„Wir sind nicht die Typen mit vollen Hosentaschen“, sagt Katja Großer. Und Christian Rost ergänzt: „Wir sehen uns eher als niederschwellige Ansprechpartner.“ Die beiden sind Kulturberater und leiten seit Februar von Dresden aus das nagelneue Regionalbüro der sogenannten Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft. Hinter dem bürokratischen Titel steht ein Projekt von Bundeswirtschaftsministerium und Bundeskulturbeauftragtem, mit der die Wettbewerbsfähigkeit der Branche gestärkt werden soll. Insgesamt haben die rund 238.000 Unternehmen – ob Film, Musik, Design oder auch bildende Kunst – mehr als eine Million Beschäftigte. Allerdings liegt die Quote der Selbstständigen in diesem Bereich bei 28 Prozent.
Bundesweit sollen nun acht Regionalbüros die Vernetzung als Wirtschaftsfaktor befördern. Immerhin lag der Umsatz der Kulturbranche im Jahre 2008 bei 132 Milliarden Euro. Mit dem Dresdner Büro soll dem Kreativbereich in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt geholfen werden. Neben der Information über verschiedene Fördermöglichkeiten werden die Akteure der Branche in Netzwerke eingebunden, berichtet Katja Großer. „Dabei muss man nicht wie beim Bankentermin gleich einen Businessplan vorlegen.“ Ohnehin sei die Beratung kostenlos, versichert Christian Rost. Zur Zielgruppe der Beratungsoffensive gehören Architekten, Publizisten, darstellende Künstler, der Kunst- und Werbemarkt, ja sogar der Software- und Gamebereich – und teilweise das Kunsthandwerk.
Es soll dabei nicht um eine Kontrolle von Subventionen gehen, betont Katja Großer, sondern eher um eine bessere Vermarktung. „Ein Stadtentwicklungsplaner“, führt Christian Rost als Beispiel an, „kann seine Dienstleistungen größtenteils nur staatlich anbieten“. Auf regionaler Ebene soll es zunächst Sprechtage geben, darunter auch in Weimar und Erfurt. Darüber hinaus bestehen Kontakte zu dem von Dirk Heinze und Dirk Schütz bereits vor Jahren in Weimar gegründeten „Kultur Management Network“. Hearings zur Selbstdarstellung bestimmter Teilbranchen seien denkbar, geht aus einem entsprechenden Informationspapier des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Für Mitteldeutschland ist ein derartiges Treffen im Frühsommer in Leipzig vorgesehen. Während auf Bundesebene die Pflöcke eingeschlagen sind, tritt das Thüringer Wirtschaftsministerium auf der Stelle. Vor Wochen hatte Staatssekretär Jochen Staschewski (SPD) eine Umstrukturierung des Ministeriums bis Ostern angekündigt. Geplant ist dabei erstmals ein eigenes „Referat für Kunst- und Kreativwirtschaft“, das genau diesen Bereich künftig als Wirtschaftsfaktor betrachten will. Mit einer Zustandsanalyse soll zunächst der Status quo im Lande ermittelt werden. Viel mehr ist nicht bekannt. Entsprechende Interview-Anfragen zur strategischen Ausrichtung wurden vom Ministerium abgesagt.
Als Konkurrenz sieht Michaela Hirche, Geschäftsführerin des Thüringer Verbandes der Bildenden Künstler, die Initiativen von Bund und Land nicht. Im Gegenteil: „Denn der einzige bisher vorgelegte Kulturwirtschaftsbericht aus dem Jahre 2008 war überhaupt nicht aussagefähig.“ (Karsten Jauch)

TA, 20. März 2010
Mehr Informationen unter www.kultur-kreativ-wirtschaft.de