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Friedrich von Schiller: Von der Schönheit zur Freiheit. Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen. Februar bis Dezember 1793, 9. Brief.

…Gib also, werde ich dem jungen Freund der Wahrheit und Schönheit zur Antwort geben, der von mir wissen will, wie er dem edeln Trieb in seiner Brust, bei allem Widerstand des Jahrhunderts, Genüge zu tun habe, gib der Welt, auf die du wirkst, die Richtung zum Guten, so wird der ruhige Rhythmus der Zeit die Entwicklung bringen. Diese Richtung hast du ihr gegeben, wenn du, lehrend, ihre Gedanken zum Notwendigen und Ewigen erhebst, wenn du, handelnd oder bildend, das Notwendige und Ewige in einen Gegenstand ihrer Triebe verwandelst. Fallen wird das Gebäude des Wahns und der Willkürlichkeit, fallen muss es, es ist schon gefallen, sobald du gewiss bist, dass es sich neigt, aber in dem innern, nicht bloß in dem äußern Menschen muss es sich neigen. In der schamhaften Stille deines Gemüts erziehe die siegende Wahrheit, stelle sie aus dir heraus in der Schönheit, dass nicht bloß der Gedanke ihr huldige, sondern auch der Sinn ihre Erscheinung liebend ergreife. Und damit es dir nicht begegne, von der Wirklichkeit das Muster zu empfangen, das du ihr geben sollst, so wage dich nicht eher in ihre bedenkliche Gesellschaft, bis du eines idealistischen Gefolges in deinem Herzen versichert bist. Lebe mit deinem Jahrhundert, aber sei nicht sein Geschöpf; leiste deinen Zeitgenossen, aber, was sie bedürfen, nicht, was sie loben. Ohne ihre Schuld geteilt zu haben, teile mit edler Resignation ihre Strafen und beuge dich mit Freiheit unter das Joch, das sie gleich schlecht entbehren und tragen. Durch den standhaften Mut, mit dem du ihr Glück verschmähest, wirst du ihnen beweisen, dass nicht deine Feigheit sich ihren Leiden unterwirft. Denke sie dir, wie sie sein sollten, wenn du auf sie zu wirken hast, aber denke sie dir, wie sie sind, wenn du für sie zu handeln versucht wirst. Ihren Beifall suche durch ihre Würde, aber auf ihren Unwert berechne ihr Glück, so wird dein eigner Adel dort den ihrigen aufwecken und ihre Unwürdigkeit hier deinen Zweck nicht vernichten. Der Ernst deiner Grundsätze wird sie von dir scheuchen, aber im Spiel ertragen sie sie noch; ihr Geschmack ist keuscher als ihr Herz, und hier musst du den scheuen Flüchtling ergreifen. Ihre Maximen wirst du umsonst bestürmen, ihre Taten umsonst verdammen, aber an ihrem Müßiggang kannst du deine bildende Hand versuchen. Verjage die Willkür, die Frivolität, die Rohigkeit auf ihren Vergnügungen, so wirst du sie unvermerkt auch aus ihren Handlungen, endlich aus ihren Gesinnungen verbannen. Wo du sie findest, umgib sie mit edeln, mit großen, mit geistreichen Formen, schließe sie ringsum mit den Symbolen des Vortrefflichen ein, bis der Schein die Wirklichkeit und die Kunst die Natur überwindet…

Zum sechsten Mal sucht der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V. die „Stadt der Wissenschaft“.
In dem Wettbewerb sollen Städte zeigen, welch hohen Stellenwert Wissenschaft und Bildung im städtischen Leben einnehmen.
Bürger sollen für Wissenschaft begeistert werden und vielfältige Netzwerke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Stadtverwaltung entstehen. Die Siegerstadt bekommt den begehrten Titel für ein Jahr verliehen und maximal 250.000 Euro Preisgeld. Die Deutsche Bank ist exklusiver Förderpartner des Wettbewerbs.

Mehr Informationen unter www.stadt-der-wissenschaft.de

Mit der neuen Konzeptionsförderung, die 2008 erstmals vom Fonds Darstellende Künste vergeben wurde, sollen professionelle Spitzenensembles der freien Szene bessere Rahmenbedingungen und Planungssicherheiten für ihre künstlerische und strukturelle Profilierung für einen Zeitraum von drei Jahren erhalten. Voraussetzung für die Förderung des Fonds sind Komplementärfinanzierungen durch die Kommunen und die Länder, die damit angeregt werden sollen, dieses Förderinstrumentarium ebenfalls einzuführen, um die wichtige künstlerische Arbeit freier Tanz- und Theaterschaffender zu stärken.

Bewerbungsschluss: 1. August 2009
Mehr Informatioen unter www.fonds-daku.de

Das A38–Produktions-Stipendium wird von Werkleitz gemeinsam mit dem Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest an den künstlerischen Film- und Mediennachwuchs vergeben. Die Institutionen sehen ihre Aufgabe darin, sowohl den kreativen Prozess als auch die praktische Umsetzung des Stipendienprojekts aktiv zu begleiten und zu unterstützen. Die Kooperation des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes mit Werkleitz besitzt eine langjährige Tradition und fußt auf dem beiderseitigen Interesse an Medienprojekten, die eine inhaltliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen anregen.

Bewerbungsschluss: 20. Juli 2009
Mehr Informationen unter www.werkleitz.de

Interessantes Projekt aus dem benachbarten Bundesland:

Vom 26. bis 28. Juni 2009 findet ein Werkstattwochenende für PuppenkünstlerInnen, TheaterpädagogInnen und MultiplikatorInnen in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Sachsenhausen statt. Eine Gruppe Jugendlicher inszeniert im Garten der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Sachsenhausen mit Puppen und Figuren eine Situation aus dem Alltag des ehemaligen Hausbewohners und Inspekteurs der Konzentrationslager, Theodor Eicke. Jugendliche, die Täter-Puppen in der heutigen Jugendbegegnungsstätte entwickeln und dramatisieren, die ehemalige „Villa Eicke“ als Puppenkulisse: Das sind ungewohnte Vorstellungen.

Ziel des Projekts „Geschichte in die Hand nehmen“ ist es, über stereotype TäterInnen-Darstellungen und Rezeptionen hinauszugehen. Im Puppenbau und Puppenspiel setzen sich Jugendliche künftig unterstützt von KünstlerInnen aktiv mit ihrem Aufenthalt in einem ehemaligen „Täter-Haus“ auseinander, stellen ihre Fragen an die TäterInnen und reflektieren gemeinsam entstandene Bilder, Gedanken und Zweifel. In einem künstlerischen Werkstattwochenende vom 26. bis 28. Juni 2009 werden die TeilnehmerInnen unter der Leitung der bildenden Künstlerin Juliane Heise, mit Unterstützung eines Mitarbeiters der Gedenkstätte Sachsenhausen, erste Ideen für Puppen und Kulissen entwickeln und umsetzen, sowie mögliche Szenarien erproben.

Mehr Informationen unter www.ijbs-jh-sachsenhausen.de

Wenn Frau sich jetzt entscheidet, den Schritt in eine Selbstständigkeit im Gesundheits-, Sozial- oder Kreativbereich zu gehen, dann kann sie seit 1. April 2009 durch juEx unterstützt werden. juEx ist ein Projekt für mutige Frauen aller Altersgruppen, die sich in der Gründungsphase befinden – eben junge Existenzgründerinnen in Sachsen-Anhalt sind (juEx). Neben Workshops, Coaching, Themenabenden und Netzwerktreffen, gibt es für juEx–Teilnehmerinnen auch eine kleine finanzielle Unterstützung für ein halbes Jahr. Durch dieses Angebot sollen Frauen in der Gründungsphase nachhaltig unterstützt werden.

juEx – Auftaktveranstaltung: 17.06.2009, 17:00 Uhr, Wissenschaftshafen Magdeburg, in den Räumen des Unternehmens „Zephram“
Mehr Informationen unter juex-lfr.de

Zusammen mit der Kommissionsmitteilung „Eine EU-Strategie für die Jugend – Investitionen und Empowerment“, die eine neue offene Methode der Koordinierung für die jugendpolitische Zusammenarbeit vorschlägt, hat die Europäische Kommission den ersten EU-Jugendbericht veröffentlicht. Er beinhaltet Daten, Statistiken und Kurzanalysen zur Lage junger Menschen in den Mitgliedstaaten sowie eine Reflexion zu deren Gemeinsamkeiten und Unterschieden.

Der Jugendbericht wird laut Beschluss des Europäischen Rates aus dem Jahr 2008 alle drei Jahre von der Kommission veröffentlicht, um zu einer besseren Wissensbasis im Jugendbereich beizutragen. Dieser erste Bericht hat allerdings einen doppelten Zweck: Zunächst soll er den neuen Rahmen der jugendpolitischen Zusammenarbeit unterstützen, indem der die verfügbaren Statistiken und Daten zusammenträgt. Daneben erfüllt er den Anspruch, evidenzbasierte Politik zu machen, das heißt, dass alle Bemühungen, die Situation junger Menschen zu verbessern, auf eindeutigen Erkenntnissen und Diagnosen beruhen sollten. Der Bericht liefert außerdem Anzeichen dafür, wo es Forschungslücken gibt und wo die Forschung und die Datensammlung zum Thema Jugend verbessert werden müssen. Die Hauptquelle für die angeführten Daten im Bericht sind die Statistiken von Eurostat.

Mehr Informationen unter www.jugendpolitikineuropa.de

Mehr Informationen unter

Seit kurzem gibt es auf dem Landesjugendserver Sachsen-Anhalts die Möglichkeit RSS-Feeds zu abonnieren. Die Feeds beinhalten die Schlagzeile und per Link gelangt man bei weiter gehendem Interesse bequem zur vollständigen Nachricht auf www.jissa.de oder www.jugend-lsa.de.

Es gibt verschiedene Feeds zur Auswahl:

Newsfeed – Alle Veröffentlichungen des Landesjugendserver Sachsen-Anhalt
Aktuelles aus Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa
Aktuelles und Informationen für MultiplikatorInnen und Fachkräfte
Aktuelles und Informationen für Kinder und Jugendliche
Künstlerische und kulturelle Veranstaltungen

Unter jissa.de können die RSS-Feeds abonniert werden.

Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel schreibt startsocial e.V. auch in diesem Jahr wieder einen bundesweiten Wettbewerb um 100 Beratungsstipendien für soziale Projekte aus.
Unter dem Motto „Hilfe für Helfer“ fördert startsocial seit 2001 das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland. Unterstützt werden Projekte, die an der nachhaltigen Lösung eines sozialen Problems arbeiten und im Schwerpunkt ehrenamtlich getragen sind. Im Rahmen von dreimonatigen Beratungsstipendien erhalten 100 Initiativen professionelle Empfehlungen für die Umsetzung und Weiterentwicklung ihrer Ideen. Nach der Beratungsphase werden die sieben besten Stipendiaten ausgezeichnet und erhalten ein Preisgeld.

Bewerbungsschluss: 19. Juni 2009
Mehr Informationen unter www.startsocial.de

Falk Elstermann ist Geschäftsführer im Kultur- und Kommunikationszentrum naTo e. V. in Leipzig. Er ist Sprecher der Initiative Leipzig+Kultur, die sich mit kreativen Mitteln und langem Atem seit 2001 um die Veränderung des Status quo in der kommunalen Kulturpolitik einsetzt. Im Interview erzählt er von der Romanze von Kultur und Kommunalpolitik, deren Stern hin und her irrt.

Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an Ihren ersten Besuch im Auftrag der Kultur und der Freien Szene im Leipziger Rathaus zurückdenken?

Damals hatte ich jede Menge Ehrfurcht vor dem „hohen Hause“. Hinzu kamen klischeehafte Vorstellungen von „denen da oben“ und uns „da unten“. Dies ist sicher ein guter Nährboden für Feindbilder, jedoch nicht für den politischen Dialog. Was damals vollkommen fehlte, war eine Ahnung davon, auf welche Weise wir die Probleme, die uns auf den Nägeln brennen, in die Köpfe – im Idealfall auch in die Herzen – der Politiker bekommen können. Wir waren sehr unsicher.

Was war damals Ihr Anliegen?

Das unterschied sich nicht so sehr von dem aktuellen Anliegen meiner (kultur-)politischen Arbeit. Es ging darum, die Arbeitsbedingungen für freie Künstler und Kulturinitiativen zu verbessern. Die Haushaltsrunden endeten immer wieder mit deftigen Kürzungen bei der Freien Szene…

Wie stand es um die kulturpolitische Situation und die Freie Szene in Leipzig?

Grundsätzlich war Leipzig 2001/2002 noch sehr weit von einem klaren Bekenntnis zur „Kulturstadt“ entfernt. Zwar lag der Kulturetat auch damals schon bei ca. 10% des Gesamthaushaltes, aber Kultur als den die Stadt prägenden Bereich zu definieren, kam kaum einem Stadtrat in den Sinn. Somit stand zu Beginn eines jeden Gesprächs immer wieder die Grundsatzfrage: Wieso überhaupt Geld ausgeben für Kultur? Andere Felder seien viel wichtiger. Und überhaupt, was bringt Kultur eigentlich? Ganz klar, dass in einem solchen Rahmen kaum inhaltliche Diskussionen zu verschiedenen Kulturbegriffen, zu Förderkriterien, zu Betriebsformen in der Kulturarbeit und ähnlichen Themen geführt werden konnten.

Wie gestaltete sich die Kommunikation zwischen der Verwaltung, der Stadtpolitik und Ihnen als Vertreter der Freien Szene?

Wir waren auf die Rolle des Bittstellers reduziert. Von Verständigung auf Augenhöhe konnten wir nur träumen. Jedes Stück Kommunikation haben wir dem Rathaus abtrotzen müssen. So war der „Runde Tisch für Freie Kultur“ das erste Gremium überhaupt, in dem Vertreter der städtischen Verwaltung, des Stadtrates und der Freien Szene miteinander sprachen. Jedoch zeigt das schnelle „Entschlafen“ dieser Initiative nach nur 5 Sitzungen, dass hier eher einem öffentlichen Druck als einem inneren Drang nachgegeben wurde. Wahr ist aber auch, dass die Freie Szene damals bei weitem nicht so gut strukturiert und untereinander vernetzt war wie heute. Ein Gegenüber an den Tisch zu holen ist das eine, ihn dort zu halten und mit ihm eine Gesprächspartnerschaft aufzubauen, das andere. Das mussten wir erst lernen.

Warum haben Sie sich für künstlerische Protestformen entschieden?

Weil wir Künstler bzw. Kunstproduzenten sind und weil wir – ganz natürlich – an die Kraft der künstlerischen Überhöhung glauben. Weil wir mit der künstlerischen Form nicht nur die Vernunft des Menschen erreichen, sondern auch – wenn wir gut sind – sein Herz, seine Gefühle. Und das wirkt länger und stabiler. Trotzdem sind solche Aktionen immer wieder schwer zu stemmen, da ja alle Beteiligten aus dem vollen Betrieb ihrer überwiegend unterbesetzten Einrichtungen heraus handeln, nicht jeder der seelischen Belastung solcher zum Teil provozierenden Inszenierungen gewachsen ist und – ganz entscheidend – man einen sehr langen Atem braucht, über Monate bzw. Jahre hinweg die Politiker „bespielen“ muss, um Wirkung zu erzielen.

Geben Sie doch bitte einige Beispiele!

Zuerst vielleicht der „Weiße Januar“. Wir haben im gesamten Januar 2002 den Spielbetrieb in allen Häusern der Freien Szene eingestellt, um zu zeigen, wie arm das Leipziger Kulturleben wird, wenn wir kaputt gespart werden. Das Leipziger Stadtmagazin Kreuzer druckte seinen Veranstaltungskalender mit weißen Feldern an den Stellen, die normalerweise durch unsere Veranstaltungen belegt gewesen wären – ein erschütterndes Bild.
Oder „Übergeht uns nicht länger“, schon im November 2001. Ca. 30 Akteure haben sich in weißen Anzügen in die obere Wandelhalle des Rathauses, den Politikern direkt in ihren Weg zum Plenarsaal gelegt. Wer zur Ratsversammlung wollte, musste über unsere Körper steigen. An der Galerie hing ein riesiges Transparent mit der Losung dieser Aktion. Die unmittelbaren emotionalen Reaktionen der Politiker waren unglaublich: von Entrüstung und Ablehnung bis zu regelrechter Erschütterung und tiefer Anteilnahme war alles vertreten.
Im Dezember 2007 haben wir den „Ersten Leipziger Kulturfriedhof“ auf einer Rasenfläche in der Innenstadt errichtet, nachdem wir in einer Prozession mit sieben von Leipziger Künstlern gestalteten Kreuzen, die jedes für ein dem Sparkurs zum Opfer gefallenes Kulturhaus oder Kulturprojekt standen, über den Weihnachtsmarkt gezogen sind. Am nächsten Tag waren die Bilder mit den Kreuzen auf dem Augustusplatz und unserem Banner vor der Thomaskirche in der Zeitung zu sehen. In der Folgewoche haben wir den Friedhof abgebaut, sind ins Rathaus gezogen und haben ihn während der Stadtratssitzung vor dem Plenarsaal in Form einer Mahnwache wiedererrichtet.

Welche Erfolge für die Freie Szene können Sie direkt auf die kreativen Aktionen zurückführen?

Wir wurden wahr genommen. In der Folge auch ernst. Wir lernten, unser Anliegen auch medial zu vermitteln und konnten somit auf die Unterstützung aus der Bevölkerung zählen. Da wir alle öffentlichkeitswirksamen Aktionen durch intensive Einzelgespräche mit Politikern bzw. entsprechende Auftritte im Fachausschuss Kultur begleiteten, blieben wir nicht auf der Ebene des Protestes hängen, sondern kamen – und das war ja unser Ziel – auch wirklich ernsthaft ins Gespräch.

Die kulturpolitische Situation in Leipzig hat sich seit 2007, nach „5 für Leipzig“ – einer Kampagne der Freien Szene – grundlegend geändert. Bitte beschreiben Sie die aktuellen Entwicklungen!

Der Paukenschlag erfolgte im September 2008, als der Stadtrat beschloss, dass die Zuschüsse für die Freie Szene bis zum Jahr 2013 schrittweise auf 5% vom Gesamtkulturetat anzuheben sind. Ein großer Erfolg! Doch das beschreibt nur zum Teil die Fortschritte, die wir gemacht haben. Ganz wesentlich für die Situation eines jeden Kulturschaffenden ist das klare Bekenntnis des Rathauses zur Kultur. Das ist die Basis. Hinzu kommt ein Kulturentwicklungsplan, der die bestehende Kulturlandschaft in ihrer ganzen Vielfalt aufgreift und Wege in die Zukunft weist. Von hoher Wichtigkeit ist die Ausweitung des kulturellen Netzwerkes, das sich in Leipzig über alle Bereiche – Hoch- wie Basiskultur – erstreckt. Dies war ein langer Weg, aber es ist essentiell wichtig, dass die Protagonisten einander kennen und schätzen lernen, einander mit Achtung begegnen und im Ernstfall auch beistehen.
Natürlich gibt es aber auch noch viel zu tun. Ein Trend, der den Stadtratsbeschluss regelrecht aushöhlt, ist es, zunehmend Einrichtungen aus dem Topf der Freien Szene zu bedienen, die bisher aus anderen Haushaltsstellen finanziert wurden. Das werden wir uns im Herbst 2009 vornehmen. Ein weiters Thema sind die Entwicklungskonzeptionen der einzelnen Sparten der Freien Szene. Trotzdem das Geld niemals für alle und zu hundert Prozent reichen wird, muss es möglich sein, die Kulturlandschaft zu gestalten und Entwicklungsschwerpunkte zu setzen. Dies wollen wir am neu gegründeten „Runden Tisch“ gemeinsam mit der Politik und der Verwaltung konzeptionell untersetzen.

Was denken Sie, wenn Sie hören, dass beispielsweise in Erfurt entgegen dem Leipziger Trend, 2009 10 % des Etats für die Freie Szene gekürzt wird?

Ich denke, ich sitze in einer Zeitmaschine.

Bitte beschreiben Sie die Bedeutung des kulturellen Netzwerks innerhalb der Freien Szene in Leipzig und auch bundesweit.

Das Wissen um den Nachbarn, um den Mitstreiter ist die Grundlage für die Achtung voreinander und das Bedürfnis zur Interaktion. Die Möglichkeiten, voneinander zu lernen, sind nahezu unbegrenzt. Das Zusammenwirken sowohl in der politischen als auch in der künstlerischen Arbeit ist zugleich Selbstvergewisserung und ständiger Kraftquell. Eine starke Gemeinschaft möglichst aller Kulturmacher einer Kommune, eines Landes usw. ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für deren politischen Erfolg.

Vielen Dank für das Gespräch und Bahn frei für 3,5 für Erfurt!

Interview: Maxi Kretzschmar